Veranstaltung: | BAG WHT |
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Antragsteller*in: | TW |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 08.04.2017, 14:03 |
A1: Grundsatzpapier
Antragstext
- Frei, nachhaltig, verantwortlich – Mut zur Grünen Wissenschaftslandschaft
- Frei, nachhaltig, verantwortlich – Zukunft wird aus Wissen gemacht!
Grüne Wissenschaftspolitik heißt für uns, das Wissenschaftssystem im
Zusammenspiel von Freiheit und Verantwortung zu gestalten. Wir stehen für freie
Lehre und Forschung – dazu gehört eine auskömmliche Finanzierung. Im Gegenzug
erwarten Politik und Gesellschaft erwarten, dass wissenschaftliche Standards
eingehalten werden und Forschung in Verantwortung stattfindet. Die Ergebnisse
wissenschaftlicher Arbeit werden der Gesellschaft zur Verfügung gestellt.
Wissenschaftliche Erkenntnisse sind für uns Grundlage politischer
Entscheidungen. Sie zeigen Lösungsansätze und Entscheidungsalternativen für
große gesellschaftliche Probleme, wie zum Beispiel den menschengemachten
Klimawandel, auf. Sie begründen wirtschaftlichen Wohlstand. Hochschulen und ihre
Absolvent*innen tragen zu Kultur und gesellschaftlicher Entwicklung bei und
ermöglichen Aufstiegschancen durch Bildung.
Das Geschehen an unseren Hochschulen muss von gesellschaftlichen Werten wie
Demokratie, Pluralismus und Meinungsfreiheit, der Gleichstellung der
Geschlechter, der Diskriminierungsfreiheit und guter Arbeitsbedingungen geprägt
sein.
Grüne Wissenschaftspolitik stärkt eine vielfältige (pluralistische)
Wissenschaft. Forschung erfolgt aus unterschiedlichen Motivationen heraus.
Menschliche Neugierde, gesellschaftliche Zweckmäßigkeit und die Orientierung an
zukünftiger Anwendbarkeit ergänzen sich dabei. Grundlagenforschung ohne Blick
auf eine unmittelbare (wirtschaftliche) Verwertbarkeit ist ebenso wichtig und
notwendig, wie es Forschungsprogramme zu drängenden gesellschaftlichen
Fragestellungen sind. Wir begrüßen es, wenn dies in Kooperation mit
zivilgesellschaftlichen Akteuren erfolgt.
Um Innovationskraft, Qualität und Vielfalt der Wissenschaft zu erhalten, bedarf
es mindestens vier Voraussetzungen:
- eine solide, auskömmliche und verstetigte Grundfinanzierung, um das
Verhältnis von Drittmittelfinanzierungen auf ein adäquates Verhältnis zu
reduzieren. Eine verstetigte Grundfinanzierung bildet das Fundament der
Hochschulplanung. Sie ist die Voraussetzung für eine bessere Planbarkeit
von akademischen Karrierewegen und soll die prekären Arbeitsbedingungen
des akademischen Mittelbaus im Wissenschaftsbetrieb beenden
- demokratische Governance-Strukturen an Hochschulen sowie
außeruniversitären Forschungseinrichtungen,
- Methodenvielfalt und verbindliche Regeln zu guter wissenschaftlicher
Arbeit, um die Qualität sicherzustellen und konsequent weiterzuentwickeln,
- gute Arbeitsbedingungen in einer zeitgemäßen Infrastruktur für alle
Menschen, die in der Wissenschaft tätig sind.
Wissenschaft weltweit
Wissenschaft, Forschung und Lehre ist heute international vernetzt und soll
überall frei sein. Wir wollen den Gedanken der Wissenschaftsfreiheit
international fördern und die Hochschulen dabei unterstützen, den Studierenden,
Lehrenden und Mitarbeiter*innen mehr Auslandsaufenthalte zu ermöglichen und
internationale Forschungsprojekte gezielt fördern. Der internationale
wissenschaftliche Austausch ermöglicht einen gegenseitigen Wissenstransfer und
dient dem Hinterfragen des eigenen Handelns. Kooperationen zwischen
gleichwertigen Partnern führen zu neuen Impulsen und können ein Umdenken in der
globalen Gesellschaft befördern.
Gemeinsamer Europäischer Hochschul- und Forschungsraum
Die grenzenlose Mobilität in der Bildungszusammenarbeit ist eine europäische
Erfolgsgeschichte. In keinem anderen internationalen Bildungsraum verbringen so
viele Menschen einen Teil ihrer allgemeinen und beruflichen Ausbildung oder
einen Studienabschnitt in einem Nachbarland.
Den Erfolg dieser Austauschprogramme möchten wir ausbauen mit dem Ziel
europaweite Netzwerke zu stärken[SR1] . Hierzu müssen auch finanzielle Hürden in
der Studierendenmobilität abgebaut werden, der Bologna-Prozess muss
weiterentwickelt werden.
Der gemeinsame europäische Hochschul- und Forschungsraum dient der effektiven
Koordination nationaler und europäischer Forschungsaktivitäten sowie einer
vergleichbaren Hochschulbildung - auch der Brexit kann diese Erfolge nicht
schmälern. Die mehrjährigen Forschungsprogramme europäischer Zusammenarbeit
sollten verstetigt und finanziell gestärkt werden. Eine Ausrichtung allein
entlang von Anwendungskriterien lehnen wir ab.
Internationale Beziehungen und Wissenschaft
Unser Ziel ist es die internationale Wissenschaftsgemeinschaft noch enger
zusammen wachsen zu lassen. Durch den wissenschaftlichen Dialog können Barrieren
und Vorbehalte abgebaut werden. Auch in der Zusammenarbeit mit Ländern, welche
eine prekäre Menschenrechtslage aufweisen oder die offiziellen
zwischenstaatlichen Kanäle und diplomatischen Beziehungen belastet sind, erweist
sich die Wissenschaft als Soft-Power.[SR2] Bei Erdogan und Trump ist aber Hopfen
und Malz verloren…
Internationalisierung @ home
Die internationale Ausrichtung deutscher Hochschulen ist wichtiger denn je.
Damit diese anschlussfähig bleiben, müssen Strategien zur Internationalisierung
auch verstärkt im Fokus stehen. Teil der Internationalisierung ist nicht nur den
akademischen Mittelbau wissenschaftlich und kulturell international zu
qualifizieren, sondern auch die Verwaltungs-, Lehr- und Leitungsebenen vor Ort
mit weiterzubilden. Eine wissenschaftsfördernde Kultur des Gastlandes ist
Voraussetzung für Spitzenforschung und Innovation.[SR3]
Unsere Hochschulen sollen Heimat für alle sein!
In der Forschung und Lehre treffen heute unterschiedlichste Menschen
aufeinander. In ihrem Hochschulalltag spiegeln sich positive wie negative
gesellschaftliche Phänomene. Wir möchten für die Wissenschaft funktionierende
Rahmenbedingungen einer offenen Gesellschaft gestalten und das Engagement vieler
Menschen für Diversität und eine aktive Antidiskriminierungsarbeit fördern.
Unser Ziel ist eine vielfältige, diskriminierungsfreie und couragierte
Wissenschaft auf der Grundlage rechtsstaatlicher Werte.
Unsere Hochschulen können Geflüchteten und Migrant*innen eine neue
wissenschaftliche Heimat bieten und ihnen das Studieren, Forschen und Arbeiten
ermöglichen. Wir setzen uns für verlässliche Regeln zur Anerkennung von
Studienleistungen und Abschlüssen ein und wollen die Hochschulen bei der
Integrationsleistung unterstützen.
Hindernisse überwinden! - Für eine moderne Campuskultur
Viele Hochschulcampus sind noch immer nicht ohne Hindernisse für Menschen mit
Behinderungen zugänglich. Das wollen wir ändern und setzen uns bei Neubauten und
Sanierungen für höchste bauliche Standards zur Unterstützung der Inklusion ein.
Genauso stehen wir für ein familienfreundliches Hochschulleben ein, welches die
Vereinbarkeit von Arbeit, Forschung und Studium auch mit Kind oder mit der
Pflege von Angehörigen ermöglicht. Das betrifft auch die Gestaltung von
Studiengängen und eine Studierbarkeit in Teilzeit.
Soziale Hürden abbauen – Studentische Infrastrukturen stärken!
Wir wollen soziale Hürden für Aufnahme eines Studiums abbauen. Die Studierenden
von heute tragen morgen wesentlich zum gesellschaftlichen Wohlstand in all
seinen Dimensionen bei. Insbesondere der Bund ist in der Verantwortung, dafür zu
sorgen, dass jede*r gleichermaßen Chancen auf Zugang zu Bildung hat – unabhängig
von Herkunft, oder Geldbeutel. Wir sehen drei Bausteine der studentischen
Infrastruktur, die aufgrund des übergeordneten Interesses vom Bund ausreichend
finanziert sein müssen:
- Das BAföG muss eltern- und altersunabhängig aufgestellt und regelmäßig und
wohnortabhängig angepasst werden.[SR4] Es darf keine Sperrfrist für
geflüchtete Studierende geben. Hochschulen sind ideal dafür aufgestellt,
diese Menschen schnell Teil unserer Gesellschaft werden zu lassen,
Teilhabe darf deshalb nicht behindert werden.
- Die Studierendenwerke haben eine Schlüsselposition und die nötige
Expertise studentische Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen. Sie sind
die wichtigsten Partner für uns, wenn es um studentisches Wohnen, Kultur,
Beratung und Begleitung und um gute Ernährung geht. Deshalb müssen sie
stärker zentral und besser finanziert werden, um ihre Aufgaben für die
weiter wachsende Studierendenschaft besser erfüllen zu können.
- Beratungs- und Unterstützungsangebote der Hochschulen, wie zum Beispiel
die Akademischen Auslandsämter, Studienberatungen, hochschuldidaktische
und extracurriculare Angebote, das Familien- und Gesundheitsmangement, die
Qualitätssicherung werden ausgebaut. Sie erfüllen übergreifende Aufgaben
und fördern wichtige Aspekte des sozialen Lebens an den Hochschulen: Sie
sorgen unter anderem für Bildungsaufstieg, ein lebensbejahendes Umfeld,
studentische Lern- und Kulturfreiräume, Aktivitäten für eine weltoffene
Studierendenschaft, die Vereinbarkeit von Familie und Studium bzw.
Forschung.[SR5]
Dies sind zentrale Aufgaben, von denen alle Studierenden in Deutschland
profitieren. Kein Bundesland sollte in finanzieller Schieflage auf die Erhebung
von Studiengebühren oder Drittmittel angewiesen sein, um diese Infrastruktur
aufrechterhalten zu können. Die studentische Infrastruktur sollte allen
Studierenden zur Verfügung stehen und soll deshalb in der Verantwortung des
Bundes liegen.[SR6]
Qualität im Fokus! Für flexible Studiengänge und eine moderne Lehre
Die Bologna-Reform in Deutschland hat sich zu stark auf Strukturen und Prozesse
konzentriert. Es ist Zeit, die Qualität der Lehre jetzt in den Vordergrund zu
rücken. Wir wollen die Rahmenbedingungen für Studiengänge flexibel gestalten,
sodass diese passend zu ihren Kompetenzzielen gestaltet werden können. Dafür
erwarten wir, dass die Motive des Bologna-Prozesses noch stärkere Geltung bei
der Gestaltung von Regularien, beispielsweise in Bezug auf Prüfungen, entfachen.
Moderne Hochschullehre muss studierendenzentriert sein und im Zuge des
„lebenslangen Lernens” neuen Studierendengruppen gerecht werden. Gute Lehre
knüpft an Forschungsvorhaben und praktisches Erfahrungswissen an, ist
fachübergreifend, didaktisch hochwertig und findet auf Augenhöhe zwischen
Lernenden und Lehrenden statt. Sie ermöglicht einen Einstieg in die Wissenschaft
und trägt zur Persönlichkeitsbildung bei. Dazu sind adäquate Beratungsangebote,
eine verbesserte Betreuungsrelation und eine Bundesinitiative Lehre notwendig.
Wir fördern stete Qualitätsentwicklung, digital unterstützte Lehre, eine höhere
Flexibilität im Studium auch durch vereinfachte Bachelor-Master-Übergänge und
die Weiterbildung von Wissenschaftler*innen.
Campus der Zukunft
Hochschulen mit ihren oftmals vielen tausend Studierenden und Beschäftigten, mit
Laboren, Lern- und Lehrräumen, Rechenzentren, Mensen, Wohnheimen und
Bibliotheken sind bedeutende Faktoren des Energie- und Ressourcenverbrauchs. Wir
setzen uns dafür ein, dass bei Neubauten ein hoher Standard an Wärme- und
Energieeffizienz angelegt wird und Sanierungen nach neuesten Kriterien erfolgen.
Durch ein konsequentes Energiemanagement kann der Energieverbrauch von
Hochschulen deutlich gesenkt werden, deshalb wollen wir die Hochschulen durch
Anreizsysteme in der Umsetzung unterstützen
Auch die hohen Strombedarfe energieintensiver Forschung sollten aus erneuerbaren
Energiequellen gedeckt werden.
Umweltmanagement
Transparente Berichte, feste Ansprechpartner*innen und niedrigschwellige
Maßnahmen sollen dazu beitragen, mit einem konkreten Umweltmanagement einen
Bewusstseinswandel hin zu mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen. Auch die
Mobilität von tausenden Studierenden und Beschäftigten hat einen wichtigen
Anteil am ökologischen Wandel. Moderne und vernetzte Mobilitätskonzepte mit
ÖPNV, attraktivem Fuß- und Radverkehr sowie Sharing-Angeboten sorgen für weniger
CO2-Emissionen und Staus auf dem Weg ins Labor oder die Bibliothek.
(Unsere) Landschaften des Wissens: Herzstück des nachhaltigen Wandels
Unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind ein entscheidender Faktor
auf dem Weg in eine nachhaltigere Lebenswelt! Forschung und Lehre lassen uns die
drängenden Herausforderungen der Zukunft, zum Beispiel den Klimawandel, besser
verstehen. Hierüber entstehen Ideen für Veränderungen und Fortschritt auf dem
Weg zu einer ökologischeren und gerechteren Welt. Wissen wird praktisch wenn
erfolgreiche Startups gegründet werden und Denkansätze kommuniziert werden.
Dafür wollen wir neue Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung erproben. Auch in
der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (NGO), Gewerkschaften,
Kirchen sowie Kleinen und Mittelständischen Unternehmen (KMU) liegen Potenziale,
die wir stärker nutzen möchten. Das sind erste Schritte um die gesellschaftliche
Verantwortung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen für einen aktiven
Transformationsprozess Realität werden zu lassen.
Forschung und Lehre für den Wandel
Ökologische Verantwortung beginnt im Seminarraum. Unser grüner Ansatz ist es,
Forschung und Lehre, welche die Themen der Nachhaltigkeit in den Blick nimmt,
stärker zu fördern. Für ein Verständnis der Herausforderungen der Zukunft und
die Entwicklung von Lösungen braucht es Bildung für nachhaltige Entwicklung,
Energieforschung, Postwachstumsökonomien sowie mehr Pluralismus in allen
Wissenschaftsbereichen. Wir wollen bestehende Grenzen zwischen den
Wissenschaftsfeldern aufbrechen und trans- und interdisziplinäre Zusammenarbeit
besser unterstützen. Die Zahl der Tierversuche wollen wir minimieren und die
Entwicklung von Alternativmethoden fördern.
Reallabore
Forschung und Zivilgesellschaft können unmittelbar voneinander lernen. Vor allem
in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bearbeiten die von uns geförderten
„Reallabore“ und „Orte des Fortschritts“ wichtige Zukunftsfragen durch
praxisnahe Feldversuche.
Forschung & Lehre: divers, inklusiv und gleichberechtigt
Damit Diversität gelebt werden kann, müssen viele Schranken in den Köpfen
fallen. Anonymisierte Bewerbungen, ein positives Verständnis für alle
Geschlechter und queere Identitäten und Gremien, die diese Vielfalt
widerspiegeln. Die Multiparität halten wir für notwendig.
Stärker als bislang sollen Internationalität, Diversität und Gleichstellung
Kriterien für die Vergabe von Förderprogrammen sein. Deshalb setzen wir uns für
eine gezielte Frauenförderung im Sinne des Kaskadenmodells ein.
Forschungszweige wie die Gender- und Diversitystudies in Deutschland werden wir
weiter fördern und deren Unabhängigkeit bewahren.
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